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© / Quelle: Ostfriesische Nachrichten Online / 24.07.2009

Sprachrohr des Boßelsports geht neue Wege
Frido Walter, der Erfinder des Ranglistenwerfens, tauscht Mikrofon gegen Städtereisen und Tanzparkett ein

von Wolf-Rüdiger Saathoff

Die Siegerehrung zum Schluss des Ranglistenwerfens war für Frido Walter (l.) in Wiesederfehn der letzte Dienstauftritt als Boßel-obmann des Friesischen Kloot-schießer-Verbandes (FKV). Zu-künftig steht sein Beruf im Vordergrund und er will privat neue Dinge erleben.

Foto: Frerichs

Pfalzdorf. 10 Jahre lang übte der Pfalzdorfer Frido Walter das Amt des Boßelobmannes beim Friesischen Kloot- schießer-Verband (FKV) aus. Ende Juni hatte er seinen letzten Auftritt. Er absolvierte die Siegerehrung beim Ranglistenwerfen in Wiesederfehn, kürte die „Boßler des Jahres“, verteilte grüne, gelbe Trikots und Medaillen. Zum Schluss gab es stehende Ovationen vom Boßelvolk als Dank für seine Arbeit. Der Erfinder des Ranglistenwerfens wird sich zukünftig nicht über Langeweile beschweren. Sein Beruf fordert ihn und er will in seiner Freizeit neue Wege gehen, verriet der 45-Jährige im Interview mit den Ostfriesischen Nachrichten.

ON: Sie haben 1999 das Amt des FKV-Boßelobmann von Herbert Freese übernommen. Was war Ihr Hauptanliegen?
Frido Walter: Ich sah die Möglichkeit, etwas beim FKV in sportlicher Hinsicht zu bewegen. Mein Ziel war es, das Boßeln professioneller zu gestalten.

ON: Ist Ihnen das gelungen?
Walter: Ich denke schon. Mithilfe der Rangliste kann man jederzeit eine schlagkräftige Mannschaft aufstellen. Die Leistungsdichte ist unheimlich groß geworden. Gleichzeitig stieg im Verlaufe der Zeit der Trainingsaufwand, um vorne mit dabei zu sein. Die Werfer und Werferinnen sind hoch motiviert, leistungsbereit und trainieren regelmäßig.

ON: Es gibt auch nach zehn Jahren Ranglistenwerfen immer noch Kritiker, die sagen, so etwas brauchen wir nicht.
Walter: Nach wie vor ist die Rangliste das Instrument, das wir brauchen, um den Boßelsport in der Spitze nach vorne zu bringen. Sie ist anerkannt und viele identifizieren sich damit. Immer wieder haben es Nachwuchswerfer über die Tour (gemeint ist das Ranglistenwerfen, Anmerk. d. Red.) geschafft, sich bei den Erwachsenen zu etablieren. Ich denke dabei zum Beispiel an Anke Klöpper aus Münkeboe. Genauso ist es schön, dass immer wieder neue Gesichter auftauchen und für Schlagzeilen sorgen, wie beispielsweise der neue „Boßler des Jahres“ Thorsten Held. Was er bei seiner ersten Teilnahme geleistet hat, war ein richtiges Sommermärchen.

ON: Bei der Europameisterschaft 2008 in Irland kassierten die Straßenboßler des FKV eine deftige Niederlage. Hat die Rangliste für diese internationale Veranstaltung versagt?
Walter: Nein. Mit wenigen Abstrichen würde ich die Mannschaft genauso nach den Ergebnissen der Qualifikation über die Tour zusammensetzen. Die Niederlage in Irland war schon krass. Aber das ist nun einmal Sport. Die Iren hatten sich nach ihrer Niederlage 2004 in Westerstede gut vorbereitet. Sie waren hoch motiviert und wollten sich revanchieren. Das ist ihnen gelungen. Wir müssen darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, dass unsere EM-Teilnehmer an allen drei Tagen an den Start gehen müssen. Darüber hinaus sollte es zukünftig keine Ausnahmen bei Extra-Unterkünften für einige Werfer geben. Der Mannschaftsgeist kann nur mit einer gemeinsamen Unterkunft für alle gefördert werden.

ON: Bei der Rangliste waren Sie immer doppelt eingebunden, als Boßelobmann und als Werfer. Wie sind Sie mit der Doppelbelastung umgegangen?
Walter: Der Arbeitsausschuss hat mir immer den Rücken freigehalten, damit ich starten konnte. Zweimal bin ich „Boßler des Jahres“ geworden. An einigen Stellen fehlte vielleicht die nötige Konzentration, so wie in der abgelaufenen Saison. Das hat die Leistung etwas gedrückt. Aber unterm Strich waren beide Aufgaben gut zu meistern.

ON: Welche persönlichen Erfahrungen verbinden Sie mit Ihrer Arbeit als FKV-Obmann?
Walter: Ich bin damals angetreten mit dem Glauben, dass ich es allen Recht machen wollte. Schnell musste ich einsehen, dass das nicht funktioniert. Wichtig ist, dass ich eine Linie fahre, die ich glaubwürdig vertreten kann. Kritik kann dabei immer hilfreich sein, wenn sie denn sachlich bleibt. Bei den Siegerehrungen habe ich auch einiges gelernt. Anfänglich war ich etwas zurückhaltend. Nach und nach habe ich versucht, neben den Fakten auch Geschichten und Anekdoten zu den Werfern zu bringen, um die Zuhörer zu unterhalten. Mir war wichtig, den Boßelsport öffentlich gut zu verkaufen.

ON: Die Arbeit als FKV-Boßelobmann hat Zeit gebunden. Womit werden Sie die neuen Freiräume füllen?
Walter: Einerseits beansprucht mich mein Beruf als selbstständiger Kaufmann mehr als zuvor. Ich werde mehr Zeit in die Firma stecken. Dann möchte ich mit meiner Lebenspartnerin neue Dinge erleben. In den vergangenen Jahren waren 50 von 52 Wochenenden mit Boßeln ausgefüllt. Davon will ich weg. Ich möchte privat neue Wege gehen. Dazu gehören beispielsweise Tanzen gehen oder Städtereisen am Wochenende. Anfang August freue ich mich auf ein Live-Konzert mit meiner Lieblingsgruppe U2 in Gelsenkirchen. Ich möchte auch mehr Zeit für mich haben. Neulich habe ich seit Langem mal wieder den Sonnenuntergang hinter meinem Haus bewusst wahrgenommen. Das war ein schöner Moment.

ON: Der Funktionär Walter geht in Vorruhestand. Wie geht es bei Ihnen sportlich weiter?
Walter: Es ist noch nicht die Zeit, dass ich in Pfalzdorf in die Männer-II-Mannschaft wechsle. Wir wollen die Mannschaft schrittweise verjüngen. Es ist Nachwuchs da. Der braucht aber noch etwas Zeit. Dazu gehört auch mein Sohn Eike, der in zwei Jahren vielleicht Männer I wirft. Schön wäre es, wenn ich mit ihm zusammen in der Mannschaft in einer Gruppe werfen würde. Beim Ranglistenwerfen möchte ich noch einmal sehen, was für mich geht. Ich gehe auf jeden Fall nicht dahin, um die Kugel zu kullern. Dennoch werde ich gelassen starten.