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© / Quelle:  / 30.01.2008

Alles draußen - Die Arbeit der Boßelreporter

Sie sind so bekannt wie Waldemar Hartmann, Werner Hansch oder Manni Breuckmann: In Ostfriesland kennt fast jeder die "Boßel-Reporter" Rüdiger Saathoff und Wilfried Frerichs. Denn Boßeln ist hier nicht nur einfach eine lustige Leibesübung, sondern Volkssport und Lebensgefühl. Die Kugel wird von je zwei Paarungen "Liek ut Hand" (geradeheraus), "över d lütje Finger" oder "över d Dumm" geworfen. Ohne Plattdeutsch geht dabei gar nichts. Die beiden Journalisten von den "Ostfriesischen Nachrichten" sind fast immer dabei, wenn auf den bis zu zehn Kilometer langen Strecken dem Kugelwerfer "Lücht up und fleu herut! "zugerufen wird. Zapp über die journalistische Herausforderung, das Lebensgefühl Boßeln einzufangen.

Es geht glücklicherweise auch anders - ganz ohne Vorgaben und Verträge. Für zwei Sportreporter in Ostfriesland ist das Alltag. Dort, auf dem platten Land zwischen Deich und Dorfkneipe, sind sie so bekannt wie Gerhard Delling und Waldemar Hartmann. Denn sie berichten über das Sportereignis schlechthin: Boßeln! Nun gibt es ja böse Zungen, die behaupten Boßeln sei nur das Überwinden der Wegstrecke zwischen dem ersten Korn und dem finalen Kohl und Pinkel. Doch weit gefehlt: Für die Menschen zwischen Weser und Ems ist Boßeln die wichtigste Nebenbeschäftigung der Welt. Und darüber zu berichten, tagtäglich, eine echte Herausforderung - Stephanie Zietz.

Mitten in Ostfriesland: Ein Fotograf und ein Reporter warten auf ihre Story. Rüdiger Saathoff und Wilfried Frerichs kennen fast jeden. Und fast jeder kennt sie. Was wie ein Spiel aussieht, ist harte Arbeit. Für die beiden Journalisten von den "Ostfriesischen Nachrichten", aber auch für die Landesligisten im Boßeln. Rüdiger Saathoff im Gespräch mit Boßler: "Ihr habt heute viel Wind auf der Strecke." "Ja, das macht nichts. Die Strecke ist nicht schwer. Da vorne kommt die lange Kurve." "Ja." "Wenn wir da erst mal heil durchkommen." Eine Welt für sich mit einer eigenen Sprache. Rüdiger Saathoff, Bosselreporter "Ostfriesische Nachrichten": "Ich hab sehr schnell gemerkt, ich muss hier Plattdeutsch sprechen können. Und im Plattdeutschen ist es doch sehr einfach das Eis zu brechen und man kommt, wie gesagt, sehr einfach an die Menschen ran. Und, ja, Platt ist so das A und O." Und auch der Fotograf hat seine Strategie. Wilfried Frerichs, Fotograf "Ostfriesische Nachrichten": "Beim Boßeln muss man ja ständig mitlaufen und immer sehen, dass man die Werferinnen und Werfer aufs Foto bekommt. Ich jogg immer zwischendurch mal, und sonst hätt ich bestimmt Probleme. Rauchen tue ich auch nicht mehr, das macht sicher was aus."

Topthema Boßeln:

Keine Zigaretten und kein Alkohol. Schließlich geht es heute um die Meisterschaften der Damen im Straßenboßeln. Rüdiger Saathoff: "Wenn man so guckt, wie die Menschen auch dafür arbeiten, trainieren und hier auch über zehn Kilometer halt die Leistung bringen müssen. Das passt nicht zusammen, nein. Boßeln ist kein Trinksport, Boßeln ist Leistungssport in dieser Spitze und auch Breitensport." Und wenn die Mannschaften Collrunge gegen Ihlowerfehn antreten, dann ist Boßeln auch ein Topthema. Rüdiger Saathoff ist Sportredakteur, spezialisiert auf Fußball, Handball und Bosseln. Fünf Seiten pro Woche schreibt er allein über den Straßensport. Keine Zeitung liefert so viel Berichte und Bilder wie die "Ostfriesischen Nachrichten". Rüdiger Saathoff: "Wir verkaufen Buchstaben, wir verkaufen Geschichten und wir müssen uns ja auch einen Markt suchen.

Ohne Boßeln keine Zeitungsauflage:

Und in Aurich, wie gesagt, gibt es 6.000 Boßler, entsprechend auch viele Leser. Das wäre unmöglich, wenn man ohne Boßeln hier an den Markt ginge. Das würde Auflage kosten und wär Selbstmord." Für beide aber zählt nicht nur Nachfrage, sondern auch die eigene Leidenschaft. Wilfried Frerichs: "Dies ist eigentlich ein gutes Boßelbild, weil hier sieht man die Werferin im Vordergrund, man sieht sogar den Kurvenverlauf, man sieht den Anweiser, man sieht die ganzen anderen Werferinnen, die zuschauen. Dann sieht man die Dynamik bei ihr beim Abwurf. Also, das ist eigentlich ein gutes Boßelbild. An diesem Boßelbild könnte man sogar den Boßelsport erklären." Obwohl man auf den Bildern das Geschrei nicht hört.

Unbedingter Siegeswille

Seit drei Jahren arbeitet Frerichs als Boßelfotograf. Gemeinsam sind die beiden ein eingespieltes Team. Rüdiger Saathoff: "Willi. Wir brauchen noch ein Bild von der Kurve." Wilfried Frerichs: "Ich muss mir eben was notieren." Rüdiger Saathoff: "Damit Du ein paar Leute drauf hast, wenn sie schmeißen." Wilfried Frerichs: "Ja, mach ich." Denn Kurven sind auch für die besten Boßlerinnen die Königsklasse. Hier zählt Technik - und das Glück, dass gerade kein Auto entgegen kommt. Rüdiger Saathoff: "Das sind dann so die Glücksmomente eines Boßlers, durch so eine schwierige Kurve halt durchzuwerfen und es klappte ja halt. Hunderte von Metern rollt das Ding und es rollt und rollt. Und die Leute freuen sich und da erkennen sie auch die Leidenschaft, die dahinter steckt." Und der unbedingte Siegeswille. Wilfried Frerichs: "Ja, der bleibt. Riesenwurf!" Rüdiger Saathoff: "Donnerwetter." Wilfried Frerichs: "Ja." Rüdiger Saathoff: "Das könnte echt die Entscheidung gewesen sein." Wilfried Frerichs: "Könnte!" Rüdiger Saathoff: "Dieser Wurf von Sabine. Das waren ja wieder mal 200, 300 Meter." Wilfried Frerichs: "Dat warn bitt gewaltiger." Aber die Entscheidung ist gefallen. Das Ihlowerfehn-Team ist neuer Meister. Und der Trainer gibt ein Profistatement für die Presse. Trainer: "Erst mal müssen wir den Kopf frei kriegen und etwas Energie tanken." Rüdiger Saathoff: "Ja, allerbest. Feinen Dag noch." Noch ein Foto und dann Feierabend - bis zur nächsten Boßelstory.

Abmoderation:
Ja, auch wir - die Zapp-Redaktion - hat schon geboßelt, doch Preise bekommen wir dann doch eher für unsere journalistischen als für unsere sportlichen Leistungen: Zapp wird in der nächsten Woche mit dem Bert-Donepp-Preis des Adolf Grimme Instituts ausgezeichnet. In mehr als 250 Sendungen - so die Jury - habe Zapp "kritische Kontinuität" bewiesen und sei ein "stets sehenswerter Beitrag zu mehr Medienkompetenz". Das freut uns! Wir danken der Jury für die Anerkennung und Ihnen, liebe Zuschauer, für Ihre Gebühren. Wir versprechen: Die Auszeichnung ist uns Ansporn, gleich kommende Woche wieder. Wie immer um 23 Uhr, wenn Sie mögen. Danke für´ s Zuschauen heute und Tschüss!

Stand: 30.01.2008 23:00