© / Quelle: Ostfriesische Nachrichten vom 28.06.2003

 

Boßeln: Berends schätzt das direkte Wort
Akelsbarger tritt die Nachfolge von Hinrich Dirks als Landesboßelobmann an / Er setzt auf Teamarbeit

von Wolf-Rüdiger Saathoff

 

Der neue Landesboßelobmann Reiner Berends.                                  Foto: Banik

Akelsbarg. Generationswechsel. Reiner Berends übernimmt das Amt des Landesboßelobmannes. Er tritt die Nachfolge von Hinrich Dirks an. Dieser als „LBO“ oder „Boßel-Papst“ bekannte Wittmunder legt aus Altersgründen den Stab in jüngere Hände. Berends ist mit 43 Jahren knapp drei Jahrzehnte jünger als Dirks. Im vergangenen Jahr fragte Dirks bei Berends in Akelsbarg an, ob er seine Arbeit übernehmen wolle. Berends überlegte eine Zeit lang und sagte schließlich zu. „Ich will meinen eigenen Weg gehen“, stellt Berends zu Beginn seines Amtsantritts klar. An seinem Auto werde weder der Schriftzug LBO kleben, noch werde er als Alleinherrscher die Aufgabe ausführen, grenzt sich Berends deutlich von Dirks ab. Im Arbeitsausschuss Boßeln setzt Berends auf Teamarbeit. Ihm ist der direkte Draht zu den Aktiven wichtig. Ab Mitte des Jahres ist er Ansprechpartner für die Vereine, die ab Bezirksebene aufwärts am Punktspielbetrieb des Landesverbandes Ostfriesland teilnehmen. Spielpläne ausarbeiten, Ligaversammlungen abhalten, Ergebnisdienst, Pressearbeit, sowie Ostfrieslandpokal und die Einzelmeisterschaften organisieren, gehören zum Aufgabengebiet des LBO. Die Liebe zum Boßelsport sei eine wesentliche Voraussetzung für die ehrenamtliche Arbeit, bekennt Berends.

 

© / Quelle: Ostfriesen-Zeitung Online vom 28.06.2003

 

Boßel-Papst kann nicht gut boßeln
Porträt Landes-Boßelobmann Hinrich Dirks tritt nach 31 Jahren ab

Von Marion Luppen
 

Wittmund - Hinrich Dirks ist keiner, der an seinem Sessel klebt. „Man muss loslassen können“, sagt der 72-Jährige. Nach 31 Jahren hat der Wittmunder sein Amt als Boßel-Obmann des Landes-Klootschießerverbandes Ostfriesland abgegeben. „Ich wollte nicht, dass die Leute sagen, kuck mal, der da, da sitzt er immer noch.“  So war´s nicht bei Hinrich Dirks. Nach den Einzelmeisterschaften in Negenbargen bekam der „Boßel-Papst“ : diese Bezeichnung hört er gerne : zum Abschied Applaus sogar von Jugendlichen, „die mich kaum kannten“. Nach jahrelanger Suche hat er in Reiner Berends aus Akelsbarg (Gemeinde Großefehn) einen Nachfolger gefunden. Für einen Boßel-Obmann vielleicht überraschend kommt Dirks´ Bekenntnis: „Ich konnte nie gut und weit werfen.“ Während seine Ehefrau Adele einen Titel nach dem anderen abräumte : sie war unter anderem viermal Meisterin des Friesischen Klootschießerverbandes :, kümmerte sich Dirks schon mit 20 Jahren in seinem Heimatverein Wittmund-Uttel mehr um das Organisatorische. Sein Ziel war es immer, einen geregelten Spielbetrieb aufzubauen. Davon konnte in den 50er Jahren keine Rede sein. „Da verabredeten sich zwei Vereine für Sonntagnachmittag zum Boßeln“, berichtet Dirks. „Der eine kam mit 15 Mann, der andere mit 20, da gab´s schon den ersten Streit. Wer hinterher in der Kneipe am lautesten schrie, hatte gewonnen.“
Dirks gelang es, im Kreisverband Wittmund einen Spielplan einzuführen. Andere Kreisverbände zogen nach. Kreisligen etablierten sich. Verbände und Kommunen interessierten sich plötzlich für den Friesensport. „Wir haben Boßeln hoffähig gemacht“, sagt Dirks. Schnell merkte er, dass Kreisligen auf Dauer nicht genügen. So entstand in den 70er Jahren die Landesliga Ostfriesland. Auch das war auf Dauer nicht genug. „Die Absteiger verschwanden in der Anonymität der Kreisligen“, erinnert sich Dirks. Die Lösung hieß Verbandsliga, heute Bezirksliga. Doch nach wie vor ist ein Abstieg für Boßelvereine „wie eine Naturkatastrophe“, sagt Dirks. Ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga verlieren die Absteiger Spitzenleute, die Mannschaften zerfallen. Noch eine Parallele zum Fußball: Spitzenvereine wie Pfalzdorf und Blomberg ziehen die besten Leute an und dominieren alle anderen. Was Dirks nie gelungen ist: Er hätte gerne die enormen Größenunterschiede der Kreisverbände beseitigt, „um die Konkurrenz ehrlicher zu machen“. Norden zum Beispiel hat 42 Vereine, Wittmund nur 11. Mit der Idee, die Verbände neu zuzuschneiden, konnte er sich nicht durchsetzen: „Gegen Traditionen kommt man nicht an.“  Über all das muss sich der 72-Jährige nun keine Gedanken mehr machen. Er kehrt zurück zu den Wurzeln und wird einfacher Boßler. Nach wie vor zieht er jedes Wochenende mit seiner Frau los. Obwohl : so ganz losgelassen hat er noch nicht: „Wenn Not am Mann ist, stehe ich meinem Nachfolger zur Verfügung.“  Im Büro des gelernten Feinmechanikers, der bis 1980 bei den Olympia-Werken in Wilhelmshaven arbeitete und danach bis 1993 bei der Lebenshilfe in Aurich, steht seit fast zehn Jahren ein Modell-Segelschiff, das er endlich fertig bauen will. Auch die eine oder andere Kreuzfahrt möchte er mit seiner Frau noch machen. Das Ehepaar war schon in aller Welt unterwegs. Kinder hat es keine mehr. Der einzige Sohn starb mit 26 Jahren an Krebs. Doch er hinterließ einen Enkel, der heute 22 Jahre alt ist und : na klar : auch boßelt. "
„Wer in der Kneipe am lautesten schrie, hatte gewonnen“ "
Hinrich Dirks